Bist du noch zu retten?

Aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben,
und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.
(Epheser 2,8)

Wie wird man gerettet, um vor Gott bestehen zu können? Wahrscheinlich stellen sich diese Frage heutzutage recht wenige Menschen. Zumindest, wenn sie westlich geprägt sind. (Bei Menschen mit zum Beispiel muslimischem Hintergrund sieht das etwas anders aus.) Die Rückfrage würde sofort lauten: Warum sollte ich gerettet werden? OK, es gibt Dinge in meinem Leben, die nicht so doll laufen. Aber wennschon, dennschon sollte Gott dankbar sein, dass ich mich für ihn interessiere.

Gerettet werden hat zwei Aspekte, die nun gar nicht in unser Lebensgefühl passen wollen: Zum einen klingt es so total passiv. Wenn jemand in der Rems am Ertrinken ist, dann muss er gerettet werden. Ganz klar. Da geht es aber auch auf Leben und Tod. Und zum anderen: Aus welcher Notlage sollte ich denn bitteschön gerettet werden? Zugegeben, es gibt manche Schwierigkeiten, in denen ich Hilfe brauche. Und da fällt es mir schon schwer genug, die zu suchen und anzunehmen. Aber wieso sollte das denn für den religiösen Bereich gelten? Warum sollte ich da Rettung nötig haben?

Leider bewegen wir uns in der Christenheit bei den möglichen Antworten zu oft in den Extremen. Die eine Seite sagt in etwa so: Du bist als Sünder ein von Grund auf böser Mensch, mit dem Gott nichts zu tun haben kann – selbst, wenn er wollte. Weil Gott heilig ist und total rein und gut. Du musst erst Buße tun, das Kreuz Jesu annehmen und um Vergebung deiner Sünden bitten. Erst dann kann Gott dir vergeben, du wirst gerettet und darfst fortan mit Gott leben. Hoffentlich wirst du dich mit deiner Lebensführung dieser Rettung würdig erweisen. Ohne die Heiligung / Jüngerschaft / geistliches Wachstum wird aber die ganze Rettung keinen Bestand haben.

Die andere Seite sagt in etwa so: Gott ist Liebe und deswegen kann er es gar nicht aushalten, von seinen geliebten Menschen getrennt zu sein. Natürlich ist es gut, schon jetzt ein Leben in dieser Liebe Gottes zu führen. Das hilft auf jeden Fall zum Lebensglück. Aber letztlich wird Gott in der Ewigkeit alle Menschen annehmen. Und wenn wir es vielleicht nicht verstehen, dass das auch für die offensichtlich bösen Menschen gelten soll, dann liegt das an unserer beschränkten Erkenntnis der Liebe Gottes. Denn wenn es heißt ‚Liebt eure Feinde!‘, dann gilt das doch wohl für Gott zuerst.

Sicher habe ich diese beiden Extreme sehr vereinfacht und überzeichnet. Irgend­wo dazwischen bewegen wir uns. Der eine ein bisschen mehr da, die andere ein bisschen mehr dort. Und wenn wir ehrlich sind, bekommen wir es nicht so richtig auf die Reihe. Das gilt zwar nicht für die Christen, die im Besitz der genauen Wahrheit über alle Probleme des Glaubens sind. Aber zu denen rechne ich uns nicht. Wir haben Fragen und Zweifel, die wir auch äußern wollen und dürfen.

Ich kann an dieser Stelle keine umfassende Antwort zu diesen Fragen versuchen. Deshalb nur ein paar kurze Sätze, wie ich die Bibel dazu verstehe: Wir Menschen brauchen Rettung, weil wir sonst wegen der Sünde aus unserer Gottesferne nicht herauskommen. Diese Rettung ist jedoch schon durch Gott in Jesu Kreuz und Auferweckung geschehen. Das Kreuz ist der endgültige Beweis der Liebe Gottes zu jedem Menschen und zu der ganzen Welt. Wenn jemand zum Glauben kommt, dann nimmt er/sie diese Rettung dankbar an. Wie jemand zum Glauben kommt, ist Gottes Geheimnis seiner Gnade. Wir Menschen können Glauben nicht machen, wir sind gerufen, auf Gottes Gnadenhandeln zu antworten. Wir antworten, indem wir uns mit unserem ganzen Leben Gott anvertrauen.

Davon lesen wir rund um unseren Wochenvers herum. Ich empfehle, in Ruhe Epheser 2,1-10 auf sich wirken zu lassen. Es fällt auf, dass Paulus hier ein klares Vorher und Nachher beschreiben kann, wenn es um die Rettung geht. Vorher tot unter dem Zorn Gottes, jetzt lebendig in der Gemeinschaft mit Gott. Doch der Wechsel von einem Zustand in den anderen wird allein Gottes gnädigem Handeln zugeschrieben. Eine menschliche Beteiligung wird nirgends angedeutet. Das ist die Perspektive von Menschen, die bereits in der Gnade Gottes leben: Es ist ein Wunder, es ist ein Geheimnis, wir dürfen das dankbar annehmen, es ist nicht unser Verdienst.

Zum ganzen Bild gehört aber auch, dass es in der Bibel durchaus den Ruf zur Umkehr gibt. Die Botschaft von Jesus wird in Markus 1,14-15 zusammengefasst: Jesus verkündete die Gute Nachricht von Gott: »Die von Gott bestimmte Zeit ist da. Sein Reich kommt jetzt den Menschen nahe. Ändert euer Leben und glaubt dieser Guten Nachricht!«

Und so werden wir versuchen, beides zusammenzuhalten: Wir ermutigen Menschen zur Umkehr, dass sie ihr ganzes Leben mit allen Höhen und Tiefen, mit allen hellen und dunklen Seiten in Jesus Gott anvertrauen. Dass sie auf das antworten, was Gott in Jesu Kreuz und Auferweckung schon längst für sie getan hat. Und zugleich loben wir und staunen wir über das Geheimnis des Glaubens, über die Gnade und vorbehaltlose Liebe Gottes, mit der er uns ohne unsere Mitwirkung gerettet hat.

Wir wünschen uns unsere Gemeinde als Rettungsort: Unsere Mitmenschen werden nicht mit Zwang oder Abgrenzung oder Verurteilung herbeigelockt – darauf fallen sie ohnehin nicht herein. Sondern wir laden sie ein, den Gott kennenzulernen, der sie schon immer liebt. In Jesus, in seinem Kreuz und seiner Auferweckung hat Gott es ein für alle Mal gezeigt: Heil und Heilung ist ein Gnadengeschenk Gottes, das du im Glauben annehmen kannst. Und Glaube heißt: Du vertraust dich Gott mit deinem ganzen Leben an. Dazu möchten wir dich ermutigen und mit dir zusammen entdecken, was das in unserem Leben bedeutet. Wir sind mit dir auf dem Weg.

Axel Schlüter