Ich bin dann mal. Weg zum Leben.
Du zeigst mir den Weg zum Leben.
Psalm 16,11
„Gott ist mein ganzes Glück“ oder „Gott, Anteil und Leben seiner Getreuen“ oder „Du zeigst mir den Weg zum Leben“ oder „Das schöne Erbteil“ oder „Gott vor Augen“ oder „Zuflucht bei Gott“ – so vielfältig ist der Psalm 16 in unseren Bibeln überschrieben. Da merken wir gleich, dass es gar nicht so einfach ist, einen Bibelabschnitt oder gleich einen ganzen Psalm in einem Satz zusammenzufassen. So eine Überschrift zeigt auch an, was den ÜbersetzerInnen am wichtigsten war.
Dieser Psalm ist ein Vertrauens- oder Hingabepsalm. Der Psalmschreiber (eine Autorin ist unwahrscheinlich) bringt uns in mehreren Gedankengängen nahe, wie viel ihm die Gemeinschaft mit und die Beziehung zu Gott bedeutet. Sie ist sein Ein und Alles, das größte Glück, seine Freude, sein Halt, sein Zuhause. In Vers 10 wird deutlich, dass er ganz auf dieses Leben hier und heute ausgerichtet ist. Eine Auferstehungshoffnung kennt das Alte Testament noch nicht; im Totenreich gibt es keine Beziehung mehr zu Gott (Psalm 6,6; 115,17).
Erst durch die Auferweckung Jesu reicht unser Blick und unsere Hoffnung weiter, weil wir einmal auferweckt werden zum uneingeschränkten Leben in der Gegenwart Gottes. Trotzdem müssen wir unser Leben hier und heute gestalten; eine reine Vertröstung aufs Jenseits ist trostlos. Der Psalm 16 kann uns dabei helfen. Du zeigst mir den Weg zum Leben – darum geht es.
Wenn du dir diesen Psalm durchliest, beziehungsweise besser als Gebet meditierst: Wie geht es dir mit diesen Worten? Kannst du sie mitbeten, weil sie dein Inneres, dein Herz berühren, du in sie einstimmen, mitschwingen kannst? Oder sind sie dir fremd, irgendwie übertrieben, einseitig, zu viel „immer“ und „du allein“?
Der Psalm läuft auf den letzten Vers 11 hinaus, er fasst zusammen, was vorher gebetet wurde: Du zeigst mir den Weg zum Leben. Große Freude finde ich in deiner Gegenwart und Glück an deiner Seite für immer. Der Weg eines Lebens, das sich lohnt, hat unmittelbar mit der Gegenwart Gottes zu tun. Wer mit Gott unterwegs ist, findet Freude und Glück im Übermaß. So in etwa unser Bibelwort.
Noch einmal gefragt: Wie kommt dieses Glaubensbekenntnis bei dir an? Trifft das deine Erfahrung oder ist es dir zu einseitig positiv? Dass es nur dem Frommen immer gut geht, er allezeit Erfolg und Glück gepachtet hat, diese einseitige Sicht wurde schon in der Bibel selbst hinterfragt. Der ganze Psalm 73 widmet sich diesem Problem, thematisiert die Beobachtung, dass es den ausgerechnet Gottlosen so gut geht, was ja eigentlich nicht sein dürfte.
Wollen wir uns also nicht damit aufhalten, sondern fragen, was für uns „das Leben“ beinhalten würde. Du zeigst mir den Weg zum Leben – was könnte das für uns bedeuten? Was macht für uns ein Glaube aus, der zum Leben führt oder erfüllend unser Leben begleitet? Oder etwas vereinfacht gefragt: Wann lohnt sich ein Glaube?
Mir wurde kürzlich eine Podcast-Reihe genannt, die mir geholfen hat, eine Beobachtung besser zu sortieren: Es ist ganz unterschiedlich, was für uns Menschen „das Leben“ beinhaltet.
Es ist ganz unterschiedlich, worin uns der Glaube an Jesus Christus hilft, dass wir zu einem erfüllten Leben kommen. Jens Stangenberg, Pastor unseres Bundes in Bremen, referiert über die „3 Gesichter des Evangeliums – Was ist das Gute an der Guten Nachricht von Jesus?“. (Da die einzelnen Einheiten recht kurz sind, empfehle ich diesen Podcast ausdrücklich als Gesprächseinstieg
z. B. für die Hauskreise. https://jensstangenberg.de/podcast/3-gesichter-des-evangeliums)
Er stellt fest, dass es drei Muster gibt, mit denen in der Geschichte der Christenheit das Evangelium von Jesus gedeutet wurde. Auf das Problem der Schuld kommt die Antwort der Vergebung, auf das der Angst wird mit Schutz geantwortet und auf das der Scham mit Annahme. Alle drei Muster sind in der Bibel zu finden und alle geben etwas Richtiges und Wichtiges wieder. Das Problem ist die Einseitigkeit, mit der oft ein Muster zum Generalschlüssel für alles erklärt wird. Für Menschen, die sich schuldig fühlen, ist die Botschaft der Vergebung die Gute Nachricht, die sie zum Leben führt. Menschen, die Annahme suchen und brauchen, hilft das aber nicht sonderlich weiter. Da muss ein anderer Aspekt der biblischen Botschaft deutlich gemacht werden.
Was also wäre dein Schlüssel zum erfüllten Leben? Worauf suchst du eine Antwort? Brauchst du Vergebung, suchst du Schutz, fehlt dir Annahme? Das Gute ist: Auf alle diese Grundprobleme des Menschen hat Gott in Jesus Christus geantwortet. Seine Liebe gilt für alle Menschen aller Zeiten. Sie zeigt uns den Weg zum Leben.
Axel Schlüter