Umkehr aus der Dürre

Zu dir rufe ich, HERR;
denn Feuer hat das Gras der Steppe gefressen,
die Flammen haben alle Bäume auf dem Feld verbrannt.
Auch die Tiere auf dem Feld schreien lechzend zu dir;
denn die Bäche sind vertrocknet.

Joel 1,19-20

Kürzlich gab es einen Bericht in der Tagesschau, in dem nicht nur von der Dürre seit Anfang des Jahres berichtet wurde. Sondern ein Förster nahm uns mit in sein Waldgebiet, um uns zu zeigen, wie die Bäume unter dem fehlenden Regen leiden. In einem Bereich hatten er und seine Mitarbeiter extra hitzeresistentere Schösslinge gesetzt, die aber allesamt vertrocknet waren. Der Förster blieb bei aller Not berufsbedingt sehr sachlich, machte aber gleichzeitig seine Hilflosigkeit angesichts des menschengemachten Klimawandels deutlich.

Hätte er in etwa gesagt: „Die Bäume rufen nach Wasser, und auch die Tiere schreien in ihrem Durst.“ Dann hätten wir Zuschauer uns wahrscheinlich über so ein esoterisches Gerede gewundert. Hätte er gar gesagt: „Bäume und Tiere rufen zu Gott um Hilfe.“ Dann wäre das Unverständnis noch größer gewesen. Und ganz daneben wäre es gewesen, wenn er bekannt hätte: „Ich selbst bete mit Eiche und Hase zu Gott um Regen.“

Für uns ist „die Natur“ zwar lebendig, aber immer ein von uns getrenntes Gegenüber, ein Objekt, eine Sache. Einerseits ist das ein gutes Erbe der jüdisch-christlichen Weltsicht: Die Natur ist nicht beseelt, da hausen keine Engel, Geister und Dämonen in den Bäumen und hinter jedem Busch. Das führte zum unfassbaren Erfolg von Naturwissenschaft und Technik. Doch es gibt auch eine riesige Schattenseite, die uns immer mehr bewusst wird. Statt mit der Natur zu leben, sie zu bewahren, nehmen wir sie lediglich als Ressource war, die wir rücksichtslos ausbeuten können.

Der „Erdüberlastungstag“ 2024 war schon am 1. August, an dem die Ressourcen der Erde für das laufende Jahr bereits ausgebeutet waren. Deutschland für sich allein hatte diesen Tag früher am 2. Mai erreicht. Würden also alle Menschen weltweit so leben wie wir, bräuchte es mehr als zwei Erden, um genügen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Wir müssen es wieder lernen, uns als Teil der Natur zu verstehen, mit ihr statt gegen sie zu leben. Doch davon sind wir sehr weit entfernt.

In unserem Monatsvers gibt es die Gebetsgemeinschaft von Mensch und Tier. Alle rufen zu Gott angesichts einer lebensbedrohlichen Dürre. In Joel 1 werden eine Heuschreckenplage und eine große Trockenheit als „der Tag es HERRN“ verstanden. Ganz anschaulich wird beschrieben, wie das Landleben zum Erliegen kommt (z. B. Joel 1,16-20). In Kapitel Joel 2 wird es noch dramatischer, weil die Heuschrecken wie eine furchtbare Armee als Gottes Strafgericht angekündigt werden.

Als Lösung wird vom Propheten immer wieder der Aufruf zur Umkehr eingestreut (Joel 1,13-15; 2,12-17) und dann schließlich Gottes Zuwendung zugesagt (Joel 2,18-27). Die Naturkatastrophen waren damals ein Unglück, dem die Menschen hilflos ausgeliefert waren. Da liegt es nahe, Gott als Urheber und auch als möglichen Verhinderer zu sehen. Das gilt in gewisser Weise auch heute noch. Und doch gibt es einen riesigen Unterschied: Auch wir können und wollen darum beten, dass Gott handelt, dass er immer wieder dem unverantwortlichen Treiben der Menschen Grenzen setzt.

Doch besteht unsere Buße und Umkehr auch darin, dass wir schöpfungsbewusster leben. Auch wenn mein eigener Beitrag nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein sein mag. Wenn viele ganz neu Verzicht einüben – und womöglich auch Regierungen dazu bewegen, Klimaziele endlich ernst zu nehmen –, dann kommen wir vielleicht einen Schritt in die richtige Richtung voran.

Mir jedenfalls hilft es, weiterhin zu Gott als dem Bewahrer seiner Schöpfung zu beten. Sonst würde ich angesichts der Weltsituation jede Hoffnung verlieren. Und so bekomme ich immer wieder den Mut, auch in meinem kleinen Verantwortungsbereich schöpfungsbewusster zu leben.

Axel Schlüter