Hoffnung: geschenkt

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus,
der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat
zu einer lebendigen Hoffnung
durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.
(1. Petrus 1,3)

Was gibt uns Hoffnung in so aussichtslosen Zeiten? An dieser Stelle muss ich nicht ausführlich beschreiben, wie die Stimmung bei vielen Menschen in unserem Land und in aller Welt ist. Verschiedene Kriege, deren Ende nicht abzusehen ist oder die sich noch ausweiten könnten. Eine Klimakrise, die nicht irgendwann einmal spürbar sein wird, sondern jetzt schon Wetterchaos mit Dürre und Feuerbrunst, Regenflut und Überschwemmung hervorbringt. Und überall leiden Menschen. Und überall Mächtige, die sich nicht darum scheren, sondern im Gegenteil noch mehr Leid hervorrufen. Da schwindet die Hoffnung auf Besserung.

Das mag jetzt nicht stimmen, aber ich hatte den Eindruck, dass Ostern in diesem Jahr etwas anders wahrgenommen wurde als bisher üblich. Auch in eigentlich säkularen (weltlichen) Medien war die Rede von der Feier des Lebens und der Hoffnung, die wir Menschen in solchen Zeiten so dringend brauchen. In der Tagesschau von Karfreitag oder Ostersonntag wurde auffällig viel über verschiedene Osterbräuche berichtet. Ausführlich wurden die Pilger auf der Via Dolorosa in Jerusalem bedacht oder der päpstliche Segen „Urbi et orbi“. Irgendwie wünschen wir uns mehr Licht in der Dunkelheit und nicht erst am Ende des Tunnels.

Nun können wir die Hoffnung oberflächlich mit einem „Es wird schon wieder“ verbinden. „Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.“ Oder Artikel 3 vom Rheinischen Grundgesetz: „Et hätt noch emmer joot jejange.“ („Es ist bisher noch immer gut gegangen.“) Oder wir können den Lauf der Natur religiös aufladen und überhöhen. Dann wird jedes frische Grün und jede Apfelblüte – von denen gibt es ja gerade reichlich – und jedes Singvögelein zum Hoffnungsträger. Es ist zwar ein bisschen sehr früh in diesem Jahr, aber auf jeden Fall wird es wieder Frühling, wie schön.

Petrus würde alle diese Versuche, Hoffnung zu finden, als eine „tote Hoffnung“ bezeichnen. So steht das zwar nicht in seinem Brief, es ergibt sich aber aus unserem Wochenvers 1. Petrus 1,3. Was macht die lebendige Hoffnung aus? („Lebendig“ meint hier so viel wie echt, verlässlich, wirklich oder tragfähig.) Zunächst ist klar, worin sie begründet ist. Sie kommt von der Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Jesus ist nicht nur vom Tod auferstanden, also wieder lebendig geworden. Sondern er hat die Toten, also das Totenreich verlassen. Er ist der Erste von allen Verstorbenen, die einmal auferweckt werden (1. Korinther 15,20-24). Für die Hoffnung bedeutet das: Wenn Gott seinen Sohn für uns auferweckt hat, wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? (Römer 8,31-39) Das Kreuz und die Auferweckung Jesu sind nicht nur irgendwelche Ereignisse unter vielen in der Weltgeschichte, sondern sie sind der Dreh- und Angelpunkt von allem.

Wie aber wird diese lebendige Hoffnung für uns eine Wirklichkeit, ein Halt und eine Perspektive inmitten dieser Welt, wie sie nun mal ist? Unser Wochenvers macht deutlich, dass sie nicht unserem Tun entspringt. Sie ist nicht Folge unserer mühsamen Anstrengung eines Think Positive, eines positiven Denkens – siehe oben. Sondern diese Hoffnung ist ein Geschenk Gottes in seiner großen Barmherzigkeit. Dazu ist es nötig, wiedergeboren zu werden. Auch wenn dieses Wort durch alle Zeiten hindurch sehr missverständlich verstanden wurde und wird, müssen wir es hier gebrauchen.

Wiedergeburt meint nicht, dass wir einmal als Stein, Dornenhecke, Springmaus oder doch als Prinzessin oder Prinz wieder auf dieser Erde auftauchen. Wiedergeboren meint auch nicht, dass wir höhere Weihen bekämen, die uns von allen unerleuchteten Menschen unterscheiden. Freude schöner Götterfunken. Sondern hier geht es allein um das neue Leben in der Gegenwart Gottes, das Gott selbst uns in seiner Barmherzigkeit schenkt. Niemand kann etwas dazu, dass er/sie geboren wurde. Genauso ist das neue Leben in Christus ein Geschenk. Die Unverfügbarkeit der Liebe und Gnade Gottes wird mit der Kombination von Barmherzigkeit und wiedergeboren zum Ausdruck gebracht. Das sollen wir festhalten gegen alle, die meinen, es wäre irgendwelche besonderen Anstrengungen nötig, um in ein Leben in Christus kommen zu dürfen.

Und wenn wir uns darüber gefreut und es ausgiebig gefeiert haben, dann müssen wir aber auch das Gegenteil festhalten. Wir Menschen sind keine Marionetten, die ganz ohne oder gar gegen ihren Willen in die Nachfolge Jesu kommen. Der Ruf Jesu zur Umkehr und zum Glauben (Markus 1,14-15) muss ebenso gehört und ihm Folge geleistet werden. Auch wenn das logisch nicht aufzulösen ist, gilt beides ganz und gar mit 100 Prozent: Der Glaube ist völlig Gottes Geschenk, zu dem wir nichts beitragen können. Und gleichzeitig ist unsere Antwort auf den Ruf Gottes nötig.

Doch wer zum Glauben gekommen ist, lebt in einer neuen Wirklichkeit und wird dieses neue Leben immer mehr erfassen (2. Korinther 5,17). Und zu diesem Neuen, dass sich immer weiter und mehr entwickelt, gehört auch die Hoffnung, die in der Auferstehung Jesu begründet ist. Diese Hoffnung gilt für dieses Leben und reicht aber viel weiter in die Ewigkeit.

Ich wünsche uns in dieser nachösterlichen Zeit die Hoffnung in Christus, die von der Auferstehung her in unser Leben leuchtet!

Axel Schlüter